Extraktion, Extraktionsverfahren

Einführung

Unter Extraktion vorsteht man das teilweise oder vollständige Herauslösen einer oder mehrerer Komponenten aus einem Stoffgemisch mit einem selektiven Lösungsmittel, das sich mit dem primären Lösungsmittel nicht oder nur teilweise mischt. Es sind zwei Grundarten der Extraktion zu unterscheiden:

Die Feststoffextraktion mit Lösungsmitteln ist ein Verfahren, das vorwiegend in der Lebensmittelindustrie zur Gewinnung von Ölen und Fetten angewandt wird. In der chemischen Industrie wird dagegen zur Aufarbeitung anfallender Güter die Solventextraktion bevorzugt eingesetzt.

Solventextraktion

Unter Solventextraktion versteht man einen Trennprozeß zur vollständigen oder teilweisen Entfernung eines gelösten Stoffes aus einem Flüssigkeitsgemisch durch den Zusatz eines geeigneten Lösungsmittels, in dem die einzelnen Komponenten verschiedene Löslichkeiten aufweisen, wobei der Prozess bei niederen Temperaturen ohne Verdampfung des Gemisches durchgeführt wird. Der Unterschied zwischen Extraktion und Rektifikation besteht darin, daß bei der Extraktion dem Stoffgemisch ein Lösungsmittel, bei der Rektifikation Wärme zugeführt wird. Die Zweckmäßigkeit des Einsatzes der Solventextraktion ist gegeben,

Schematische Darstellung der Stoffübertragung bei der Solventextraktion: Im Gefäß befindet sich das Einsatzgemisch mit den Komponenten A und B. Die Komponente A stellt das primäre Lösungsmittel (Raffinat) und die in der Komponente A gelöste Komponente B die Übergangskomponente (Extraktstoff) dar. Im Gefäß ist das sekundäre Lösungsmittel enthalten, das sich mit der Komponente A nicht oder nur teilweise mischt, aber in der Lage ist, die Komponente B zu lösen. Der Inhalt beider Gefäße wird zusammengeführt. Aus dem Gemisch A + B geht Stoff B in das sekundäre Lösungsmittel C über. Im Grenzfall verläuft die Stoffübertragung bis zur Gleichgewichtseinstellung. Bei diesem Vorgang verarmt das primäre Lösungsmittel an Komponente B, während sich das sekundäre Lösungsmittel mit, der Komponente B belädt. Dabei bezeichnet man die Phase, die die Komponente A + B enthält, als Raffinatphase und die mit den Komponenten C + B als Extraktphase. Es müssen demnach an das senkundäre Lösungsmittel bestimmte Forderungen gestellt werden, und danach richtet sich die Auswahl:

Es darf keine Emulsionsbildung mit dem primären Lösungsmittel auftreten. Das sekundäre Lösungsmittel soll leicht zurückgewonnen werden können. Die Extraktion kann kontinuierlich in Extraktionskolonnen, Extraktionsbatterien oder Zentrifugalextraktoren durchgeführt werden. Bei der Solventextraktion wird im allgemeinen bei Raumtemperatur das Extraktionsmittel (sekundäres Lösungsmittel) zugeführt. Es reichert sich während der Stoffübertragung mit dem Extraktstoff an und verläßt die Kolonne als Extraktphase. Die Raffinatphase wird unter der Voraussetzung, daß sie die spezifisch leichtere Phase ist, am oberen Teil der Kolonne abgenommen. Die Trennung der Raffinatphase in Extraktionsmittel und Raffinat und die Trennung der Extraktphase in Extraktionsmittel und Extraktstoff erfolgen in Rektifikationsanlagen (oder Kristallisatoren). Je nach geforderter Reinheit muß auch die Löslichkeit der beiden Lösungsmittel berücksichtigt werden. Für hohe Durchsätze werden noch immer in der chemischen Industrie Extraktionsbatterien eingesetzt. Sie bestehen aus hintereinandergeschalteten Misch-Trenn-Behältern; der Material- und Platzbedarf ist hoch. In den Mischern erfolgt die Stoffübertragung bis zur Gleichgewichtseinstellung. Mischer können Rührmaschinen, Kreiselpumpen oder Strahlpumpen sein. Die Trennung der beiden Phasen erfolgt in den Trennbehältern. Misch- und Trennvorgang sind räumlich voneinander getrennt. Pumpen fördern das Einsatzgemiseh im Gegenstrom zum Extraktionsmittel durch die Batterie. Eine Anlage, bestehend aus einem Mischer und einem Trennbehälter, stellt eine theoretische Trennstufe dar.

Extraktionsapparate

Um hohe Durchsätze zu erzielen, muß eine Extraktionsapparatur den folgenden Anforderungen genügen:

Technische Bedeutung für die Solventextraktion haben fast ausschließlich kontinuierlich arbeitende Gegenstromextraktionsapparate erlangt. Eine Einteilung der Extraktionsapparate gelingt am leichtesten nach konstruktiven Merkmalen. Danach unterscheidet man:

  1. Extraktor-Kaskaden nach dem Mischer-Absetzer-Prinzip (sog. Mixer-Settler) oder Turmextraktoren,
  2. Extraktionskolonnen ohne Einbauten (Sprühkolonnen)
  3. Zentrifugalextraktoren.

Extraktor-Kaskaden nach dem, Mischer-Absetzer-Prinzip

Der Hauptvorzug von Gegenstrom-Extraktionsbatterien (Mischer-Absetzer-Prinzip) ist, daß man sie für beliebig große Durchsätze bauen kann und die Maßstabsübertragung keine Schwierigkeiten bereitet. Nachteilig ist, daß der Material- und Platzbedarf und damit die Investitionskosten sehr hoch sind. Die Turmbauweise verringert den Grünflächenbedarf. Für leicht emulgierende Stoffsysteme sind die Extraktor-Kaskaden nur bedingt geeignet.

Sprühkolonnen

Die Sprühkolonnen sind vom Aufbau her sehr einfach gestaltet. Der erzielbare Stoffaustauschgrad ist jedoch schlecht, die disperse Phase wird nur einmal zerteilt. In Sprühkolonnen lassen sich große Durchsätze erreichen. Ihr Einsatz in der Industrie wird immer seltener, es gibt heute effektivere Extraktoren.

Füllkörperkolonnen

Als Füllkörper sind die gleichen verwendbar wie für die Rektifikation und Absorption. Die Wirksamkeit der Füllkörperkolonnen ist stark abhängig von der Verteilung der dispersen Phase beim Eintritt. Die Raffinat- oder Extraktphase können sowohl die diskontinuierliche als auch die kontinuierliche Phase darstellen. Damit die Tropfen der dispersen Phase nicht an den Füllkörpern entlangkriechen, soll die kontinuierliche Phase die Füllkörper gut benetzen. Die erforderliche äquivalente Höhe für eine theoretische Trennstufe ist im allgemeinen größer als bei der Rektifikation.

Drehscheibenkolonnen

Auf einer Welle sind Scheiben oder Rührflügel angeordnet. Durch die Drehbewegung findet eine gute Durchmischung der Flüssigkeiten statt. Die feststehenden Statorringe, die am Außenmantel angebracht sind, lenken den Strom wieder nach innen. Auf diese Weise werden die schwere und leichte Phase innig gemischt. Der Hauptvorteil der Drehscheibenkolonnen und damit aller Kolonnen mit rotierenden Einbauten ist die Regelbarkeit der Drehzahl entsprechend des Extraktionsproblems. Es erfordert viel Erfahrung, die optimale Fahrweise bei veränderten Betriebsbedingungen für die Kolonnen zu finden. Eine Vorausberechnung bereitet große Schwierigkeiten. Die äquivalente Höhe für eine theoretische Trennstufe wird bei Drehscheibenkolonnen gegenüber Füllkörperkolonnen auf etwa ein Viertel verringert.

Pulsierende Siebbodenkolonnen

Bei Kolonnen mit Pulsation kann die oszillierende Bewegung entweder durch das Pulsieren der gesamten Flüssigkeitssäule oder durch hin- und herbewegte Einbauten erzielt werden. Die Kolonnen mit pulsierender Flüssigkeitssaule werden als Füllkörper- oder Siebbodenkolonnen ausgeführt. Bei den pulsierenden Siebbodenkolonnen strömen beide Phasen durch die Löcher der Siebböden, die leichtere beim Aufwärtshub und die schwerere beim Abwärtshub. Dadurch wird der Stoffaustausch erheblich verbessert. Die bei der Pulsation auftretenden Beschleunigungs-Verzögerungskräfte sind sehr groß. Nachteilig wirkt sich auch die Schmutzempfindlichkeit dieser Kolonne aus.

Zentrifugalextraktoren

Die Zentrifugalextraktoren gehören zu den Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Solventextraktion. Sie haben sich in der Praxis bewährt. Sie sind äußerst leistungsfähig und platzsparend. Bevorzugt werden sie für Systeme mit geringerer Dichtedifferenz und für leicht emulgierende Stoffsysteme eingesetzt. Zentrifugalextraktoren nutzen statt der Schwerkraft die Zentrifugalkräfte zum Vermischan und Trennen der beiden im Gegenstrom geführten Phasen.

© 2001 - 2012 www.verfahrensingenieur.de Alle Rechte vorbehalten.