Stoffübertragung

Arten der Stoffübertragung

Die in der Natur und Industrie ablaufenden Vorgänge, bei denen die Stoffübertragung eine bedeutende Rolle spielt, sind sehr zahlreich und von sehr verschiedener Art. Betrachtet man den Mechanismus des tierischen oder pflanzlichen Lebens und die Vorgänge in einem Kühlturm, so sind beide Vorgänge von völlig unterschiedlicher Art. In beiden Fällen handelt es sich aber um Stoffübertragungsprozesse. Will man den jeweiligen Ablauf der Stoffübertragung erfassen, so stellt man fest, daß sehr verschiedene Faktoren für den Austausch der Stoffe verantwortlich sind. Alle diese Faktoren und ihre Wechselwirkungen in einen grundlegenden Zusammenhang zu bringen ist praktisch unmöglich. Die Aufgabe dieses Webseite kann es deshalb auch nicht sein, auf alle Fragen der Stoffübertragung eine Antwort zu geben. Es soll vielmehr nur die grundlegenden Vorgänge bei der Stoffübertragung beschreiben und Voraussetzungen für die Darstellung der thermischen Operationen schaffen. Zunächst werden die Arten der Stoffübertragung beschrieben. Bestehen in einem System Unterschiede in der Verteilung der Stoffe, die sich in Teildruckunterschieden ausdrücken, so strebt das System von selbst einem Ausgleich dieser Teildruckunterschiede zu. Erfolgt dieser Ausgleich in einem in Ruhe befindlichen System bzw. in einem laminar strömenden System, so werden die Teildruckunterschiede allein durch thermische Molekularbewegungen ausgeglichen. Man spricht von einem molekularen Stofftransport. Überschreitet die Geschwindigkeit des strömenden Systems einen bestimmten kritischen Wert, dann wird der Ausgleich durch die auftretenden turbulenten Bewegungen der Molekülgruppen (Turbulenzballen) verstärkt. Diesen, den Ausgleich verstärkenden Vorgang, nennt man turbulenten Stofftransport. Den in strömenden Medien auftretenden Gesamtvorgang kann man als eine Kombination von molekularem und turbulentem Stofftransport ansehen. Neben diesen beiden Arten tritt in strömenden Medien noch eine dritte Art, der konvektive Stofftransport, auf. Er erfaßt nicht nur das Strömungsfeld (molekularen und turbulenten Stofftransport), sondern berücksichtigt die in strömenden Medien auftretende Überlagerung von Strömungsfeld und Dichtefeld, Auf diese Unterschiede wird in der Darstellung der einzelnen Arten der Stoff Übertragung noch gesondert eingegangen. So ist der nur in strömenden Medien auftretende konvektive Stofftransport stets mit einem molekularen, häufig noch zusätzlich mit einem turbulenten Stofftransport verbunden. In ruhenden Systemen ist nur ein molekularer Stofftransport möglich.

Molekularer Stofftransport

Im Gegensatz zum Impulsausgleich bzw. Energieausgleich wird der Stoffausgleich nur durch Ortswechsel der Molekeln erreicht. Molekelzusammenstöße, wie sie beim Impulsausgleich und beim Wärmeausgleich auftreten, stellen für den molekularen Stofftransport nur eine Behinderung dar, Es existieren zwei Grenzfälle. Im ersten Fall läuft der Stofftransport in einem Medium mit großer Dichte ab (z. B. Flüssigkeiten). Das heißt, die Zahl der Molekeln je Volumeneinheit ist groß, die mittlere freie Weglänge zwischen den Molekeln entsprechend gering, dann ist der angestrebte Ortswechsel (gegenseitige Durchdringung) der Molekeln erschwert, der Stofftransport erfolgt entsprechend langsam. Im zweiten Fall läuft der Stofftransport in einem Medium mit geringer Dichte ab (z. B. Gase). Die Zahl der Molekeln je Volumeneinheit ist gering, die mittlere freie Weglänge entsprechend groß. Die Molekel können sich sehr frei bewegen, ohne mit anderen zu oft aneinander zu stoßen. Der Stofftransport erfolgt entsprechend schnell. Daraus kann man ableiten, daß der molekulare Stofftransport in Flüssigkeiten langsamer erfolgt als in Gasen. Die Intensitätsgröße der Stoffübertragung ist für Gase größer als für Flüssigkeiten.

Turbulenter Stofftransport

Der molekulare Stofftransport wird durch den turbulenten Stofftransport verstärkt. Der turbulente Stofftransport erfolgt wie der molekulare Stofftransport auf Grund einer ungeordneten Bewegung von Systemelementen. Beim molekularen Stofftransport betrachtet man die einzelnen Molekeln in ihrer gegenseitigen Bewegung, beim turbulenten Stofftransport die im turbulent strömenden Medium auftretenden Turbulenzballen (Molekelgruppen). Die Größe der Turbulenzballen hängt dabei von der Größe des vorliegenden Strömungsfeldes ab. Deren Größe wiederum wird durch die vorhandenen räumlichen Begrenzungen bestimmt (z. B. Apparategröße). Mit den Turbulenzballen werden die unterschiedlichen Molekelgruppen auch quer zur Hauptstromrichtung innerhalb des Strömungsfeldes bewegt. Es entsteht eine grobe Verteilung der Molekeln. Der Feinaustausch erfolgt dann wieder durch den molekularen Stofftransport, dem nun eine viel größere Austauschfläche zur Verfügung steht. Der gesamte Ausgleichsprozeß wird also durch den turbulenten Stofftransport beschleunigt, da eine größere Beweglichkeit der Molekeln in den Molekelgruppen erreicht wird. Die Intensitätsgröße der Stoffübertragung wird vergrößert, und dies um so mehr, je kleiner das Volumen und je größer die Anzahl der Turbulenzballen ist.

Grundgesetze des molekularen und turbulenten Stofftransports

Den sich aus dem molekularen Stofftransport und dem turbulenten Stofftransport additiv zusammensetzenden Vorgang nennt man Diffusion. Die Diffusion ist die von selbst verlaufende, gegenseitige Durchmischung zweier Gase, Flüssigkeiten oder Festkörper entgegen der Schwerkraft. Diese Definition ist auf binäre Gemische bezogen, gilt aber auch analog für Mehrstoffgemische, Die weiteren Untersuchungen werden entsprechend dieser Definition durchgeführt und gelten also für Gemische, die aus zwei Komponenten bestehen. Die beiden Komponenten unterscheiden sich durch ihre Dichten. Liegen beide Stoffe in einem abgeschlossenen System vor und sind örtliche Dichteunterschiede vorhanden, dann werden diese durch die molekulare Diffusion ausgeglichen. Die dabei diffundierenden Massen werden als Diffusionsstromdichten bezeichnet. Sind beide Diffusionstromdichten gleich groß, so spricht, man von einer äquimolaren Diffusion. Diese Diffusionsform tritt aber nur als Sonderfall auf. In der Praxis hat man es meist mit einer nichtäquimolaren Diffusion zu tun. Einen weiteren Sonderfall stellt die einseitige Diffusion dar. In diesem Fall ist die Diffusionsstromdichte einer Komponente gleich Null.

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