Trocknung

Anwendungsbereiche der Trocknung

Die Entfernung der Feuchtigkeit (Flüssigkeit) aus festen Stoffen unter Anwendung von Energie stellt einen physikalischen Vorgang dar und wird im folgenden als Trocknung bezeichnet. Die dabei aufzuwendenden Wärmemengen sind recht erheblich und können nur in den seltensten Fällen bei großem apparativem Aufwand zurückgewonnen werden. Die Trocknung stellt also ein sehr energieaufwendiges Verfahren dar und sollte nur dann angewandt werden, wenn die mechanischen Verfahren, wie Sedimentieren im Schwerefeld, Filtration oder Zentrifugieren, die gewünschten Endfeuchtigkeiten nicht erreichen. Aus wirtschaftlichen Gründen ist immer erst genau zu prüfen, ob nicht mit Hilfe eines mechanischen Verfahrens das vorliegende Problem zu lösen bzw. eine Vorentfernung der Feuchtigkeit erreicht wird, ehe man das thermische »Verfahren Trocknung« auswählt. Die genaue Erfassung der Trocknungsvorgänge zur Ermittlung optimaler Trocknungsabläufe bei bester Ausnutzung der notwendigen Energie erfordert eine genaue Kenntnis des Trocknungsmechanismus. Bei seiner Untersuchung sind vor allem zwei Bereiche besonders zu beachten, einmal die Art der Feuchtebindung und die Bewegung der Feuchtigkeit innerhalb fester Stoffe und zum anderen die genaue Erfassung der Teilvorgänge bei der Feuchteentfernung. Als "Feuchtigkeit tritt hauptsächlich das Wasser auf, so daß in diesem Kapitel unter Feuchtigkeit immer der Anteil Wasser zu verstehen ist, der in flüssiger Form an das Gut (Feststoff) gebunden ist. Abweichungen von dieser Festlegung sind besonders gekennzeichnet.

Feuchtebindung in Trockengütern

Der Trocknungsverlauf hängt im entscheidenden Maße von der Art der Feuchtebindung zwischen Wasser und Gut ab. Zur Klassifikation der Arten der Feuchtebindung gibt es sehr viele Möglichkeiten. Alle sind sie nach verschiedenen, oft ganz zufälligen Gesichtspunkten entwickelt worden. Im Trocknungsprozeß entfernt man die Feuchtigkeit aus dem Gut durch Zerstörung der Feuchtigkeitsbindung. Dabei wird eine bestimmte Energiemenge verbraucht. Es ist deshalb verständlich, daß man in der speziellen Literatur eine Klassifikation der Bindungsformen, basierend auf energetischen Faktoren, anstrebt. So werden die Bindungsformen nach Rehbinder in drei große Gruppen eingeteilt: - Chemische Bindung - Physikalisch-chemische Bindung - Mechanische Bindung Diese Einteilung hat erhebliche Vorteile, da man über die Bindungsform, entsprechend der jeweiligen Energielage, sofort Aussagen über den möglichen Trocknungsverlauf machen kann.

Chemische Bindung

Die eigentliche Trocknung entfernt im allgemeinen das chemisch gebundene Wasser (Kristallwasser) nicht, da hier zu große Kräfte wirken. Eine Entfernung wäre erst oberhalb der Zersetzungstemperatur möglich. Ein solches Verfahren kann aber nicht mehr als Trocknung bezeichnet werden. Es wird deshalb auf eine nähere Erläuterung verzichtet.

Physikalisch-chemische Bindung

Eine solche Bindung liegt vor, wenn das Gut mit der Flüssigkeit eine einheitliche Phase bildet, d.h., die Flüssigkeit ist fester Bestandteil der Gutphasen. Den Vorgang, der zu einer solchen Gutphase führt, nennt man Quellung. Bei der Quellung wird Wärme frei, wie beispielsweise auch bei der Lösung von Schwefelsäure in Wasser. Diese Analogie zwischen Lösung und Wasseraufnahme bei der Quellung läßt Rückschlüsse auf die Kräfte bei der physikalisch-chemischen Bindung zu. So besteht zwischen der Säurekonzentration im Wasser und dem Dampfdruck der Lösung ein bestimmter Zusammenhang, der analog der Beziehung zwischen der Gutsfeuchte und dem Dampfdruck ist. Bei der Quellung wird bei der Anlagerung der ersten monomolekularen Schicht die größte Wärmemenge frei. Diese Schicht von Wassermolekeln steht unter einem sehr hohen Druck, der durch das molekulare Kraftfeld bedingt ist. Diese Wassermoleküle bei der Trocknung zu entfernen erfordert folglich große Energiemengen. Durch diese starke Bindung sinkt der Wasserdampfdruck an der Trockengutoberfläche unter den Sattdampfdruck reinen Wassers bei gleicher Temperatur. Nimmt die Quellfeuchte infolge der Trocknung ab, so sinkt das Dampfdruck Verhältnis und nähert sich dem Wert Null, wobei die aufzuwendenden Energiemengen mit dieser Annäherung zunehmen.

Mechanische Bindung

Zur mechanischen Bindung der Feuchtigkeit gehört die kapillare Feuchtigkeit und die Oberflächenfeuchtigkeit. Die kapillare Feuchtigkeit ist die in den Poren des Gutes festgehaltene Wassermenge, die bei der Trocknung durch Kapillarkräfte an die Gutoberfläche transportiert wird. Solange der Radius des Kapiliarrohres größer ist als 10^-5 cm, ist der Dampfdruck der Kapillarflüssigkeit gleich dem Sattdampfdruek (p = 1). Diese kapillare Feuchtigkeit erfordert keine zusätzlichen Energiemengen zu ihrer Entfernung und verhält sich bei der Trocknung wie die Oberflächenfeuchtigkeit. Wird der Kapillarradius aber kleiner als 10^-5 cm (z. B. 10^-7 cm, y = 0,35), so nimmt das Dampfdruckverhältnis y ab und die Entfernung des Wassers wird energieintensiver. Bei der Oberflächenfeuchtigkeit wird das Wasser durch reine Adhäsionskräfte an der Oberfläche des Gutes festgehalten. Diese auch als Haftwasser bezeichnete Feuchtigkeit benötigt zu ihrer Entfernung keine zusätzlichen Energien. Das Dampfdruckverhältnis y ist gleich Eins. Betrachtet man ein Gut bei dem alle Feuchtigkeitsarten gleichzeitig vorhanden sind, so kann man bei der Trocknung feststellen, daß zuerst die Oberflächenfeuchtigkeit und das Wasser aus groben Kapillaren entfernt wird, danach die Feuchtigkeit aus den feineren Kapillaren und die Quellfeuchte und dann erst die chemisch gebundene Feuchte. Da bis auf das Oberflachenwasser und das Wasser in groben Kapillaren in allen anderen Fällen das Dampfdruckverhältnis <1 ist, wird bei der Trocknung, solange noch Oberflächenwasser und Wasser in groben Kapillaren vorhanden ist, dieses entfernt. Erst nach Erreichen der sogenannten kritischen Feuchtebeladung wird die übrige Feuchte entzogen, allerdings nur so weit, wie es die wirksamen Kräfte gestatten. Die häufig als Trocknungsmittel eingesetzte Luft mit einer bestimmten relativen Feuchte trocknet solange ein Gut, bis das Gleichgewicht erreicht ist. Darauf beruht die Wirkung chemischer Trockenmittel.

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