Entwicklung der Absolventenzahlen in der Verfahrenstechnik

Die Absolventenzahlen sowohl von den Universitäten als auch von den Fachhochschulen stiegen am Ende der 80er Jahre steil an (vgl. Diagramm); der Anteil aus den Neuen Bundesländern konnte bei den Fachhochschulen nicht ermittelt werden; bei den Universitäten liegt der Anteil aus den Neuen Bundesländern ab 1990 unter 10 % der Gesamtzahlen.
Seit etwa 1992 fallen die Anfängerzahlen in allen Studiengängen der Ingenieurwissenschaft, auch in der Verfahrenstechnik, z. T. auf weniger als ein Viertel früherer Anfängerzahlen. Das wird in einigen Jahren nach der "Studiendurchlaufzeit" zu entsprechen reduzierten Absolventenzahlen führen.

Verfahrensingenieur, ein Beruf mit Zukunft

Nach so vielen Worten zum Thema Verfahrenstechnik und dem Berufsbild Verfahrensingenieur könnte man schließen: Verfahrensingenieur - das ist der größte, der spannendste, der bestbezahlte Job... Doch bleiben wir sachlich: Können und Leistung sind auch in diesem attraktiven Beruf dafür entscheidend, was man erreicht. Das gilt sowohl für Absolventen der Universitäten als auch der Fachhochschulen.
Der Beruf des Verfahrensingenieurs ist interessant und fordert heraus, denn viele große, in Zukunft bedeutsame Aufgaben warten auf ihre Lösung. Wichtige Aufgaben werden in der Schaffung von Herstellprozessen für neuartige Wirk-, Werk- und Farbstoffe sowie sonstige Chemikalien und Zwischenprodukte bestehen.
Biotechnik und Biomedizin werden zunehmend Beiträge leisten für das Gesundheitswesen, für die Landwirtschaft, für eine saubere Umwelt und für eine rationellere Herstellung von Chemikalien. Auch in Zukunft werden der Umweltschutz und die Ressourcenschonung zentrale Themen sein. Als Beispiel für den Beginn der Entwicklung von "Intelligenten Werkstoffen" seien optische Werkstoffe genannt, die Reflexion und Durchlässigkeit als Antwort auf Änderungen des magnetischen und elektrischen Feldes oder der Temperatur regeln können.
Auch die Entwicklung systematischen Wissens - erhöhtes Prozeßwissen anstelle von Empirie, fortgeschrittene Computermethoden und Prozeßregelung - als Grundlage neuer Verfahren gehört zur zukünftigen Aufgabenstellung für Verfahrensingenieure. Beispielsweise sind die selektive Adsorption aus der Gasphase (eine energiesparende Alternative zur Destillation für die Trennung von Gasen und leichten Kohlenwasserstoffen etc.) und die Schmelzkristallisation als energiesparender Weg der Trennung und Reinigung organischer Komponenten neue Methoden, deren industrielle Anwendung durch den heutigen Mangel an Basiswissen noch behindert ist.
Die Antworten auf solche Herausforderungen müssen aus der interdisziplinären Zusammenarbeit von Physikern, Chemikern, Werkstoffwissenschaftlern, Biologen und Verfahrensingenieuren kommen. Lösungen hierzu erfordern jedoch nicht nur den Verfahrensingenieur, der sich bessere Prozesse ausdenkt und realisiert, sondern auch den, der neue Wege erkennt, versteht, interpretieren und anderen vermitteln kann. Der Bevölkerung müssen verantwortungsbewußt initiierte Entwicklungen verständlich gemacht werden.
Der Bürger will gefragt und rechtzeitig informiert werden, will mit diskutieren und ggf. mitentscheiden. Dazu müssen ihm die oft komplizierten Vorgänge sachlich richtig und begreifbar dargestellt werden, damit er sein Urteil ohne Ängste finden kann: eine wichtige und schwierige Aufgaben mit hoher gesellschaftlicher Verantwortung.
In diesem Zusammenhang rücken die Reizworte "Öko-Bilanzen/Stoffkreisläufe" in den Vordergrund auch der öffentlichen Diskussion. Verfahrensingenieure beherrschen die Methoden, um Stoffkreisläufe zu erstellen - wenn das national oder sogar global erfolgen soll, fehlt es heute an ausreichendem Datenmaterial; werden aus Stoffkreisläufen Öko-Bilanzen abgeleitet, dann muß eine ökologische Bewertung der unterschiedlichen Stoffe erfolgen. die damit verbundenen Schwierigkeiten werden verständlich, wenn z B. die Frage beantwortet werden soll "Wie ist die Emission einer bestimmtem Menge CO2 in der Luft absolut zu bewerten und relativ etwa im Vergleich zu einer bestimmten Salzfracht in einem Fluß?" Verfahrensingenieure werden sich in Zukunft auch Fragen dieser Art stellen müssen. Heute wie in der Zukunft ist der gute Verfahrensingenieur in allen Lebenslagen und Berufsfeldern gekennzeichnet durch: Fähigkeit zum Denken in komplexen Zusammenhängen und zum Herausarbeiten der wesentlichen Inhalte, ganzheitliche Betrachtungsweise und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit anderen Berufen und Gesellschaftsgruppen.

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